Ray-Guns (1997)

Alte Wasserpistolen (Water - Guns)  in Aquarell bzw. Ink-Jet (ca. 30 x 40) oder Tempera (150 x 100 cm)

Dr. Harald Paland: Ray - Guns (zu den neuen Bildern von Nelly Schrott)
Ray  -  Guns  sind  als  Pistolen  Zeichen  der  Gewalt.  Gewalt  ist  von  einer  seltsam  bösartigen  und  furchtbaren  Faszination.  Ray  -  Guns, Wasserpistolen,  sind  Kinderspielzeug.  Sie  sind  nicht  nur  harmlos,  sondern  lustig,  erinnern  an  freundliche  Spiele  im  Sommer,  und  ihre  bizarren Formen  lassen  mich  an  meine  Kindheit  denken,  als  ich  mit  den  Raumschiffen  Orion  und  Enterprise  zum  Patrouillenflug  in  die  Weiten  des Weltalls  aufbrach.  Diese  Spiele  und  Fantasien  sind  friedfertige  Bilder.  Aber  diese  Bilder  sind  Bilder  von  Kämpfen.  Kleine  Jungen  spielen  mit ihren  Wasserpistolen  Kampf  und  Krieg,  so  wie  die  Raumschiffe  im  Fernsehen  den  Krieg  der  Sterne  nur  schauspielen,  von  dem  jeder  Zuschauer weiß, daß er nie stattgefunden hat.
Ray-Guns, Wasserpistolen sind das harmlos - friedliche Bild einer schrecklichen Waffe. Ray  -  Guns  sind  keine  Ästhetisierung  von  Gewalt.  Hier  wird  nicht  die  Faszination  abgebildet,  die  aus  dem  Schrecken  der  Opfer  und  der  Macht der  Täter  kommt.  Die  entsetzlich  zerfetzten  Opfer  der  Pistolenkugeln  und  die  überlegene  Geste  des  erfolgreichen  Polizeischützen  bleiben  als ferne  Schatten  im  Hintergrund. 
Hier  wird  das  Spiel  abgebildet.  Das  Spiel  der  Gewalt  hat  sich  des  eigentlich  schrecklichen  Inhalts  der  Gewalt entledigt  und  spielt  nurmehr  mit  den  Formen  des  Kampfes:  einer  bizarren  fantastischen  Abbildung  der  Waffe  zum  Zweck  des  Kinderspiels. Wasserpistolen sind eine Ästhetisierung des Spiels, des Kampfes.
Friedrich  Schiller  glaubte,  daß  die  Menschen  im  Spiel  erst  eigentlich  zu  sich  selbst  kommen  und  zu  Hause  sind.  Während  außerhalb  des  Spiels "im  Ernst"  des  alltäglichen  Lebens  der  Konflikt  zwischen  den  Geboten  pflichtgemäßer  Sittlichkeit  einerseits  und  der  Neigung  zu  sinnlichen Gelüsten  andererseits  niemals  schlußendlich  ausgeglichen  werden  kann,  soll  nach  Schiller  in  der  Schönheit  des  Spiels  die  Erlösung  sowohl  vom Tugendterror  der  Moralisten  als  auch  von  der  sadistischen  Lust  an  der  Körperqual  tatsächlich  gelingen.  Das  Spiel  der  Gewalt  soll  uns  von  der Gewalt  erlösen,  die  äußerliche  Form  der  Gewalt  soll  ihren  schrecklichen  Gehalt  vernichten.  Wir  dürfen  uns  im  Spiel  der  Leidenschaft  des Kampfes  (mit  Ray  -  Guns)  hingeben,  weil  wir  uns  damit  von  unseren  Affekten  reinigen  und  so  ernstlichen  Konflikten  und  Kämpfen  ausweichen. Bilder von Wasserpistolen sind Bilder eines erlösenden Spiels, das die Schatten der Gewalt aufzulösen und zu verzaubern vermag.
Die  Formen  dieser  Ray  -  Guns  kommen  aus  dem  weiten  Reich  der  freien  Fantasie  und  haben  mit  den  notwendigen  Funktionen  einer  Waffe kaum  noch  etwas  zu  tun.  Die  Farben  sind  bonbonbunt  und  weit  vom  schwarz/braun/metallsilber  realer  Waffen  entfernt.  Die  Namen  der  Ray  - Guns  sind  nur  noch  einer  spielerischen  Lust  am  Klang  und  an  der  schönen  Vorstellung  geschuldet,  hinter  der  sich  ganz  sicher  kein  solides  und reales  Substrat  mehr  vorfindet.  Das  Material  ist  ein  federleichter  Kunststoff,  der  mit  dem  harten  und  gewichtigen  Waffenmetall  nichts  mehr gemein  hat.  Diese  Bilder  von  Wasserpistolen  bilden  die  pure  Lust  ab;  die  Lust  am  Spiel,  am  Spiel  mit  Formen  und  Farben,  ohne  Rücksicht  auf die  Funktionen  und  Rollen  in  der  realen  Welt  außerhalb  des  Spiels.  Jede  auch  noch  so  absurde  Form  und  Farbe  darf  sich  hier  im  Spiel  geltend machen,  wenn  sie  denn  nur  dem  Spielenden  gefällt.  Schönheit  alleine,  pure  Lust  am  Spiel  ist  in  diesen  Bildern  von  Nelly  Schrott  gesammelt und ausgestellt. Es ist dies die Erlösung und das Ende der Leiden.
(1997)